Schattenwirtschaft: Fluch oder Segen für die legale Volkswirtschaft?

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Selbstwirtschaft und Dualwirtschaft

Die Geschichte der Industrialisierung war bisher ein ständiger Rückgang des Anteils der Selbstversorgung und eine Zunahme der Arbeitsteilung, die wieder nur durch eine ständige Zunahme des monetären Anteils in der gesamten Wirtschaft überhaupt möglich war.

Aus dieser Tendenz in der bisherigen Vergangenheit schließen nun Politiker und Wirtschaftsexperten, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird und dass der nicht professionelle Teil bald überhaupt aussterben wird. Deshalb glauben sie auch schon heute die spärlichen Reste des Anteils der Selbstversorgung in der Gesamtwirtschaft vernachlässigen zu können. Das ist aber keinesfalls berechtigt. Im Gegenteil, wir stehen auch hier, wie auf vielen anderen Gebieten der kulturellen Entwicklung in der Industriegesellschaft, an einem Wendepunkt, an dem der professionelle Teil der Wirtschaft wieder an Bedeutung zu verlieren beginnt, und an dem der Anteil an Selbstversorgung wieder im Rahmen einer Dualwirtschaft an Bedeutung zu gewinnen beginnt.

Wie auf vielen anderen Gebieten, in denen Hochrechnungen zu falschen Voraussagen über die Zukunft führen, wird offensichtlich übersehen, dass sich fast jeder Trend von einem bestimmten Wendepunkt an, nicht mehr fortsetzt, sondern in einen neuen Trend mit entgegengesetzter Richtung verwandelt.

Fast alle falschen Voraussagen beruhen auf solchen "linearen Extrapolationen", bei denen angenommen wird, dass sich alle Einflussgrößen auf eine Entwicklung in der Zukunft so verhalten werden, wie in der Vergangenheit und in der Gegenwart. In der Hochrechnung für die Zukunft werden in der Gegenwart die Tangenten an die Kurven des zeitlichen Verlaufes verschiedener Einflussgrößen gelegt, ohne die Möglichkeit oder sogar die Wahrscheinlichkeit eines Trendwechsels zu berücksichtigen.

Diese Erkenntnis gilt auch für den Trendwechsel von der bisherigen Entwicklung der Expertengesellschaft zur zunehmenden Selbstversorgung, der jedoch nicht nur zu erwarten ist, sondern sich schon deutlich bemerkbar macht. Seit einigen Jahren ist jedenfalls eine deutliche Trendwende von der Entwicklung zur Expertengesellschaft zur Selbstversorgung festzustellen. Dieser unverkennbare Trend von der schrumpfenden zu der expandierenden Selbstwirtschaft in unserer heutigen Zeit ist auf einige der Ursachen zurückzuführen, die auch zur Zunahme der Schattenwirtschaft führen, wie:

Der zunehmende Preisunterschied von Waren und Dienstleistungen in der offiziellen Wirtschaft und in der Selbst- bzw. Schattenwirtschaft.

Die zunehmende Freizeit durch kürzere Arbeitszeit, mehr Urlaub und mehr Arbeitslose.

Die Möglichkeit zu besserer Selbstverwirklichung und Vermeidung der Entfremdung von der Arbeit durch die Tätigkeit in der Selbstwirtschaft.

Aber auch innerhalb der legalen monetären Volkswirtschaft tritt bereits eine Verschiebung zur legalen Selbstversorgung ein, die sich zwangsweise durch die steigenden Kosten der Arbeit ergibt.

Die Selbstbedienung in Restaurants und Warenhäusern, die Selbstabholung, das Selbsttanken und schließlich die Computerkassen sind schon zur Selbstverständlichkeit geworden. Der Fahrkartenautomat ersetzt den Schaffner und der Bankomat den Bankbeamten. Die Selbstbedienung der Waschmaschinen in den Wäschereien ersetzt die Wäscherin und der Leihlastwagen den Spediteur. Und schließlich liefert die Industrie auch Maschinen und Werkzeuge in Massenproduktion, die nur der Selbstversorgung dienen: Waschmaschinen, Küchenmaschinen und Staubsauger für den Haushalt, Rasenmäher für den Garten und Do-it-yourself-Werkzeuge für den Bastler.

Die Verschiebung der Tätigkeiten von der monetären Wirtschaft zur Selbstwirtschaft des Privatmannes ist somit schon seit vielen Jahren zu erkennen. So wurden in den USA noch vor 20 Jahren 30% aller Elektrowerkzeuge auf dem Do-it-yourself-Sektor an Heimwerker, aber 70% an Handwerker verkauft, während das heute genau umgekehrt ist.

Die Selbstwirtschaft, deren Leistung durch keine staatliche Statistik erfasst wird, und die monetäre Wirtschaft, deren Leistung im BIP systematisch erfasst und verfolgt wird, ergänzen sich dabei heute ebenso wie in den vorindustriellen Wirtschaftsformen, bei denen auch der Schwerpunkt der Volkswirtschaft in der Selbstwirtschaft lag.

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