Buchbesprechungen I

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von Dr. Beate Hiltner-Hennenberg

Ringer, geboren 1921, erlebte seine frühe Jugend in Berlin zu einer Zeit, als Arnold Schönberg dort als Leiter einer Meisterklasse für Komposition unterrichtete. Wie jener war er Jude. Wie jener musste er nicht nur Deutschland, sondern Europa verlassen, und lebte in Amerika, wo er nie richtig heimisch wurde. Seit 1958 lehrte er dort an der University of Illinois in Urbana-Champaign, kurz vor Erscheinen des Buches ist er verstorben. Über 50 Jahre seines Lebens beschäftigte sich Ringer mit der Person und dem Werk Arnold Schönbergs.

In Kapiteln wie Vergangenheit und Zukunft, Klang und Farbe, Melodie und Linie, Harmonie und Kontrapunkt, Zeitoper als Intermezzo, Religiosität oder Schönberg als Amerikaner sucht er nach dem „Wieso“ und „Warum“ im Schönbergschen Leben als Künstler. Interessant vor allem das Kapitel über den Pädagogen Schönberg, der die Lehre als Sozialreform ansah, der mit ungeheurem Engagement zur Sache ging, dem die Kunst nicht vom Können, sondern vom Müssen kam.

Thomas Emmerig, der das Entstehen des Buches betreute, lenkt den Leser in seinem Nachwort auf die große Sorgfalt im Detail und auf die unerhörte Sensibilität im sprachlichen Ausdruck. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Beate Hennenberg

Andreas Eckhardt; Richard Jakoby; Eckart Rohlfs, Musik-Almanach 2003/ 2004. Daten und Fakten zum Musikleben in Deutschland, für den Deutschen Musikrat heraus-gegeben, Redaktion Margot Wallscheid, Gustav Bosse Musikverlag; Bärenreiter Verlag, Kassel 2002.

Noch in den letzten Wochen des Jahres 2002 erschien die wie immer lang erwartete neue Ausgabe des Musik-Almanachs. Wieder wurde der Umfang erweitert, wieder gibt es spannende Daten und Fakten zu lesen, etwa aus den Bereichen Musikunterricht, Ausbildung, Fortbildung; Forschung und Dokumentation; Orchester und Musiktheater, Konzertdirektion und Künstlervermittlung und Hörfunk und Fernsehen. Aber auch zum Presse- und Publikationswesen, zur Musikwirtschaft, zur Kirchenmusik oder auch zu Fragen der kulturpolitischen Gremien wurden die wichtigsten Daten zusammen getragen. Eine lohnende Investition!

Beate Hennenberg

Sylvia Grohs-Martin, Ich sah die Toten, groß und klein. Eine Schauspielerin überlebt den Holocaust, Verlag Henschel, Berlin 2002.

Noch eine Überlebensgeschichte zur Zeit des Holocaust? Ja! Nicht nur, weil sie viele bisher beschriebenen Schicksale an Erinnerungsreichtum, an Lebhaftigkeit und ihrem riesigen Überlebenswillen in den Schatten stellt. Auch nicht, weil Steven Spielberg ihr eine „unzerstörbare Leidenschaft für das Leben“ bestätigt. Sondern deshalb, weil diese starken Menschen helfen können, dass so etwas wie das Dritte Reich mit seinen vielen Mitläufern, die Bescheid wussten, aber wegschauten, niemals wieder erstehen darf! Deshalb. Dabei ist das Buch spannend zu lesen, die Lebensgeschichte berührend, die kulturgeschichtlichen Erinnerungen sind phänomenal.

Beate Hennenberg

Götz Friedrich, Mein Opernführer, Verlag Henschel, Berlin 2002.

Man kann nun wirklich nicht behaupten, dass es an Opernführern derzeit mangele. An individuellen schon. Da hatte der Musikkritiker des Wiener Kurier, Franz Endler, einen vorgelegt. und nun bringt Werner Otto den Opernführer heraus, den Götz Friedrich sich mittels jahrzehntelanger Regiearbeit erarbeitete. Zusammengestellt wurden die Texte von Max W. Busch und Harro Schweizer, das Vorwort schreibt Karan Armstrong und ein intensives Gespräch über Belcanto und Belvisto steht dem ganzen Unterfangen voran. Die Ansichten auf die jeweiligen Opern, die auch in die Moderne und in die Vergangenheit gestreut sind, lesen sich spannend, darüber hinaus lockern den Text zahlreiche farbige und schwarz-weiß-Abbildungen auf.

Beate Hennenberg

Helga Bemmann (Hg.), Otto Reutter, Habn Sie `ne Ahnung von Berlin! Heitere Lieder, Couplets, Biographie und Audio-CD.

Inge Jens; Christiane Niklew (Hg.), Ralph Benatzky. Triumph und Tristesse. Aus den Tagebüchern 1919-1946, beide: Verlag Parthas, Berlin 2002. Nachdem die Döbelnerin Helga Bemmann mit Standard-Biografien und Büchern zu Marlene Dietrich und Otto Reutter hervortrat, hat sie nun von letztgenanntem Couplets und Lieder gesammelt, diese nach historischen Electrola-Schallplatten, historischen Notendrucken, Couplet-Textbüchern sowie den handschriftlichen Repertoirebüchern Otto Reutters überprüft und für diese Ausgabe eingerichtet. Die beigelegte CD gibt einen schönen Klangeindruck etwa der Couplets Es geht vorwärts!, Der Überzieher, Alles weg’n de Leut oder Neh’m Sie `n Alten.

Erscheint die Reutter-Liederausgabe sinnvoll, so ist das im Falle der Auszüge aus den Tagebücher von Ralph Benatzky zumindest fraglich. Im Jahre 1999 hatte Fritz Hennenberg, der als erster Einsicht in die von Helga Benatzky damals noch verwalteten Tagebücher erhalten hatte, im renommierten Wiener Verlag Paul Zsolnay eine Standard-Biografie herausgegeben. In dieser hatte er zahlreiche dieser Tagebucheintragungen veröffentlicht, die wichtigsten daraus; insofern ist es unverständlich, dass Jens mit keiner Silbe auf das Zsolnay-Buch verweist, es geradezu totschweigt. Ausschnitte aus Tagebuchaufzeichnungen, wie Jens sie jetzt präsentiert, sind allenfalls für ein Spezialpublikum interessant.

Beate Hennenberg

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