Buch- und CD-Rezensionen

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von Dr. Beate Hiltner-Hennenberg

Thomas Stillbauer, Neues aus der 1b. Was machen eigentlich unsere Erstklässler? Mit Zeichnungen von Kai Georg Wujanz, Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 2003.

Bei uns in Österreich heißen die Wutzis ja Tafelklassler, aber das ist auch der einzige Unterschied, wie Thomas Stillbauer endlich aufdeckt. Er hat sich als der größte Erstklässler der Welt ein Jahr lang unter die potentiellen Weltentdecker, Zahnärzte, Brotausfahrer und Bundeskanzler gewagt und seiner Klasse aufs Maul geschaut. Fazit: Es geht in ersten Klassen in Deutschland echt heiß zu, Grundschullehrerinnen müssten eigentlich durch die Bank weg die Tapferkeitsmedaille bekommen, und letztlich ist es um unsere Kids gar nicht so schlimm bestellt. Auch wenn heute andere Werte als die verzopfte Kinderstube das Rennen machen.

Donata Elschenbroich, Weltwissen der Siebenjährigen.Wie Kinder die Welt entdecken können, Verlag Kunstmann, München 2001.

Kinder im Alter bis zu sieben Jahren sind wahre Geistesgrößen und entdeckungshungrige Genies – bis, ja, bis die schulische Erziehung allzu strikt reglementiert und stutzt. Einschlägige pädagogische Publikationen beklagen den Schwund von Erlebnisbereichen in der Großstadt, von ausreichend Zeit mit Mutter und Vater sowie den allzu mächtigen Einfluß von Peer-Groups. Anstelle von lauthals hervorgebrachten Klagen, so die Autorin Elschenbroich---, sollten sich verantwortungsvolle Erziehungsberechtigte doch mal in die Psyche der Kids einfühlen und sich fragen, was gebe ich meinem Spross unbedingt an Wissen mit auf den Weg? Womit sollte ein Kind bis zum siebten Lebensjahr unbedingt an Denkweisen, an Wissensvermittlung, an Erlebnissen in Berührung gekommen sein?

Mit einem Kind eine Kokosnuss aufsägen; eine Artischocke entblättern – wie viel explosive Lebenskraft kann unter einer Schale verborgen sein. Anleitung: Jedes Kind soll eine frucht kunstvoll freilegen und einen Kern gespaltet haben.

Oder Beispiel der zeitgestresste Vater: Anleitung: Jedes Kind sollte einige Tage seines Lebens im Wald verbracht haben. Jedes Kind sollte einmal in einen Bach gefallen sein. Ganz anderes Beispiel – die Beschäftigung mit der Schrift, eine Tatsache, die Eltern gerne Schulen allein überlassen. Der Rat hier: Jedes Kind sollte durch eine schriftliche Mitteilung in eine andere Stimmung versetzt worden sein – getröstet werden etc. Es sollte die Möglichkeiten von Geheimschriften ausprobieren können. Fazit: Elschenbroich entwirft mit ihrem derzeit hoch gehandelten Buch eine „Wunschliste für Weltwissen“ für Kinder, eine Checkliste, die auch der anderen betroffenen Seite, den Eltern, Mut machen soll, sich in ausgefallenen Ideen sicher zu fühlen, sich einfach an das eigene Kindesalter zu erinnern. Die im Anhang aufgelisteten pädagogischen Initiativen aus anderen Ländern sind teilweise mustergültig, teilweise – Beispiel USA - jedoch ebenso weltfremd und entlarvend.

Peter Struck, Schule macht Spaß. Das Grundschul-Handbuch für Eltern, Urania Verlag, Berlin 2003.

Donata Elschenbroisch war es, die vor noch gar nicht so langer Zeit belegte, dass Kinder im Alter bis zu sieben Jahren wahre Geistesgrößen und entdeckungshungrige Genies sind. Dann kommt die Schule. Das stundenlange Sitzen, die Hackordnungen innerhalb der Schülercliquen und der autoritäre Lehrer steht einem phantasievollen und spielerischen Aneignen von Wissen diametral entgegen. Wirklich? Peter Struck, zehn Jahre lang Lehrer an Volks- und Realschulen, zeigt auf, dass es zu dieser Sackgasse nicht führen muss. Er behauptet: Kinder sind geborene Lerner. Es kommt darauf an, das Umfeld so günstig wie möglich zu gestalten. Und da kommt einiges auf die Eltern zu: Struck gibt Hinweise auf die Frühförderung, informiert über Schulauswahl, weist auf den Kontakt mit den Lehrern hin (das Kapitel geriet ihm etwas zu illusorisch) und informiert auch zum Thema Computer. Das Buch macht Eltern Mut, da sie erfahren, dass sie doch viel und aktiv gestalten können. Allerdings sind Kinder, aber das ist nicht neu, eine sehr zeitraubende Angelegenheit.

Helene Weigel. In Fotografien von Vera Tenschert. Mit einem Vorwort von Katharina Thalbach, Henschel Verlag, Berlin 2000.

Helene Weigel trotzte 1968 ihrer Freundin Vera Tenschert das Versprechen ab, falls sie ein Buch über sie gestalten wolle, dann ein menschliches zu machen. Diese Bitte hat die Fotografin mit dem vorliegenden Schwarz-weiß-Bildband in schönster Weise erfüllt. Es dokumentiert einerseits die Arbeit der Künstlerin, andererseits zeigt sie Helene Weigel auch sehr privat, von Probe-Bildern über Ausstellungsbesuche und Arbeitsgespräche bis hin zum Inventar des Buckower Hauses. Es sind ausschließlich Bilder aus der späteren Schaffensperiode der Künstlerin.

Die 100 schönsten Gedichte der deutschen Literatur: Lieblingsgedichte. Gesprochen von Carmen-Maja Antoni, Dieter Mann, Ulrich Mühe, Otto Sander, Katharina Thalbach, Ulrich Turkur und anderen, Verlag Patmos, Düsseldorf 2004. Wer liebt sie nicht, jene sinnenschweren Gedichte von Johann Wolfgang von Goethe und Hermann Hesse über Eduard Mörike und Friedrich Schiller bis hin zu Joachim Ringelnatz und Friedrich Hölderlin. Der Kunstverlag Patmos hat seine Top 100 der beliebtesten und schönsten deutschen Gedichte aufgestellt, zum Anhören, Auswendiglernen, Sinnieren, oder auch, damit man seine ganz persönlichen Favoriten einmal wiederhört. Reinhören!

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