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BVT/WKST: Gebt die Daten zurück

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Das Oberlandesgericht Wien hat also den richterlichen Hausdurchsuchungsbefehl im Zusammenhang mit dem BVT als rechtswidrig beurteilt. Diese universal begründete Entscheidung sollte Anlass für Konsequenzen sein:

Nie wieder sollte sich ein Journalrichter mitten in der Nacht dazu drängen lassen, eine staatspolitisch derart sensible Entscheidung zu treffen. Auch und gerade wenn die Staatsanwaltschaft mit einem Team von IT-Spezialisten und 68 Straßenpolizisten für den nächsten Morgen Gewehr bei Fuß steht, sollte er sich für einen Angriffsbefehl die entsprechende Zeit nehmen.

Über die Stellung der öffentlichen Ankläger ist nachzudenken. Die Angst vor unsachlichen politischen Interventionen hat dazu geführt, dass nunmehr ein einzelner Staatsanwalt ohne vorhergehende Information nach oben paralysierende Entscheidungen treffen kann. Da hat der Gesetzgeber über das Ziel hinausgeschossen. Es hat schon seinen guten Grund, dass es eine Weisungskette gibt, an deren Spitze der Bundesminister für Justiz steht. Dieser hat diese Aufgabe im Sinne der Staatsraison wahrzunehmen, Weisungen offen zu legen und für diese gerade zu stehen. Diese politische, das Staatsganze einbeziehende Verantwortung muss nicht immer mit der rein juristischen Betrachtung eines Staatsanwaltes übereinstimmen.

Eine interessante Nebenfrage ergibt sich aus der Ankündigung von Minister Moser, dass nun die Staatsanwaltschaft Korneuburg die Handlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft „in jede Richtung“ prüfen soll. Wieder begegnen wir dem bereits im ersten Semester jedes Jus-Studiums gestellten Frage: Wer bewacht die Wächter? Denn die Staatsanwaltschaft Korneuburg ist nicht die Innenrevision des Ministeriums, sondern eine Strafverfolgungsbehörde. Oder gibt es hier möglicherweise ein weiteres Strafverfahren, von dem die Öffentlichkeit noch nichts weiß? WKSTA ermittelt gegen BVT, StA Korneuburg ermittelt gegen WKSTA? Ein interessantes Land.

Besonders spannend ist die Frage, was mit den im Rahmen der Hausdurchsuchungen sicherstellten Daten zu geschehen hat. Zur Erinnerung: Anlass der Hausdurchsuchungen war der Vorwurf, dass im BVT Daten illegal gespeichert würden. Wenn nun die Staatsanwaltschaft derartige Daten behält, die sie sich auf einem als rechtswidrig erkannten Weg beschafft hat, riecht dies nach Doppelmoral. Quod licet Jovi, non licet bovi?

Das Verhältnis maßgeblicher Teile der Bevölkerung zum Datenschutzrecht ist seit der Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung, vorsichtig ausgedrückt, angespannt. Wenn nun die Staatsanwaltschaft mit illegal erworbenen Daten ein Strafverfahren führt, kann dies durchaus dazu führen, dass in der Bevölkerung der Eindruck einer Doppelmoral entsteht. Eine solche Doppelmoral kann zur Ablehnung des Staates und ähnlichen Konsequenzen führen, die einem funktionierenden Staat alles andere als egal sein können.

Die Staatsanwaltschaft wäre daher gut beraten, die im Zuge der rechtswidrigen Hausdurchsuchungen erlangten Beweise nicht zu verwerten. Damit läge sie beispielgebend sogar auf der Linie des Regierungsprogramms, in dem die Umsetzung eines absoluten Beweismittelverbots, die „zwingende Vernichtung“ solcher Ermittlungsergebnisse und das „Verbot jeglicher Auswertung“ bei rechtskräftig festgestellter Rechtswidrigkeit einer Ermittlungsmaßnahme als Ziele festgeschrieben sind.

 

Georg Vetter

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